REZZO SCHLAUCH

Parl. Staatssekretär a.D.

19. Dezember 2005, Süddeutschen Zeitung

Ein Grüner in schwarzen Gefilden

Rezzo Schlauch wird Partner einer Münchner Wirtschaftskanzlei

Eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene – das wär's doch! Meint mancher in der Wirtschaft mit Blick auf gemeinsame wirtschaftsliberale Grundpositionen bei CDU und Grünen. Vielleicht nach der übernächsten Bundestagswahl – oder doch schon früher? Nein, winken grüne Spitzenpolitiker ab: Das muss erst noch wachsen, auf Länderebene beispielsweise. Noch sind viele Grüne emotional für die Konservativen nicht bereit, und auch in der Union würden sich viele verweigern. Von der CSU ganz zu schweigen, die sich inhaltlich ohnehin bei den Sozis wohler fühlt als bei den grünen Wirtschaftsrealos. Und dann gibt es Menschen, die Schwarz-grün einfach schon mal ausprobieren, dort wo man es vielleicht am wenigsten erwartet hätte: in der Wirtschaft. Menschen wie Rezzo Schlauch.

Der Mann ist grünes Urgestein aus Stuttgart, dort beinahe direkt gewählter (grüner!) Oberbürgermeister, lange Jahre im Bundestag als Kumpel von Joschka Fischer, in der ersten rot-grünen Legislaturperiode Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, angeschlagen durch die Bonusmeilen-Affäre im Jahr 2002, als er – rechtlich korrekt, aber politisch umstritten – auf dienstlichen Flügen erworbene Flugmeilengutschriften für eine Urlaubsreise verwendet hatte und damit aufflog. Nach der überraschenden Wiederwahl des Kanzlers Schröder wurde Schlauch Staatssekretär beim SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. In seiner Funktion als Mittelstandsbeauftragter redete er sich durch alle möglichen Podien und Foren, reiste gerne viel und weit und genoss den Kontakt zu Unternehmern und Managern. „Nachhaltig beeindruckt“ sei er von Deutschlands Wirtschaftsvertretern und „positiv geprägt“, gibt Schlauch zu Protokoll. Da hat der „Rezzo“, wie ihn Politiker und Journalisten liebevoll nennen, offensichtlich dazugelernt. Damals in den späten Siebzigern war er noch „auf der anderen Seite“, wie er selbst sagt, ein Anwalt der geknechteten Werktätigen, die er etwa in Kündigungsschutzverfahren vor Gericht flammend verteidigte. Der ideologisch freischwebende Linke aus Gerabronn in Baden-Württemberg, dem die Lebens- und Sinnenfreude auf den Leib geschrieben steht, ist Grüner aus Überzeugung, aber für Rechtgläubige immer eine Zumutung gewesen. Schon lange vor der verloren gegangenen Bundestagswahl hatte er seinen Rückzug aus der Politik angekündigt: „21 Jahre im Parlament sind genug“, sagte er, nun wolle er wieder in seinem angestammten Beruf als Rechtsanwalt arbeiten. Rezzo aber wäre nicht Rezzo, wenn ihm nicht auch dabei wieder „ein Ding“ eingefallen wäre.

Golf statt Porsche

Schlauch hat nämlich nicht etwa seine alte arbeitsrechtliche Praxis in Stuttgart wiederbelebt, sondern steht ab heute bei der Münchner Wirtschaftsrechtskanzlei Mayer & Kambli auf dem Briefkopf. Das ist bemerkenswert, weil die Kanzlei mit vornehmer Münchner Innenstadt-Adresse zweifelsohne im CSU-Umfeld anzusiedeln ist. Senior Professor Hermann Mayer ist langjähriges Mitglied des Vorstandes der CSU Oberbayern und in vielen Parteigremien zu Hause, Guido Kambli war früher bei der CSU-nahen Hanns Seidel Stiftung. Beide sind versiert im Handels- und Gesellschaftsrecht und eng vernetzt auch in der Medienwirtschaft. Mayer, Kambli & Schlauch – das ist schwarz-grün im Gewande der Paragraphen, und Rezzo Schlauch findet das richtig Klasse. Dafür will er sich nun auch reinknien. Kein „Türöffner“ für politische Kontakte sei er, wie andere ehemalige Regierungsmitglieder, sondern Anwalt mit Expertise. Mittelstandsfinanzierung soll sein Thema sein, „da habe ich auch im Ministerium viel gemacht“.

Sein Büro wird in Stuttgart sein, aber er will auch viel Zeit in München verbringen. Mit dem Porsche auf der A 8 wäre das eine ganz schnelle Sache. Dieses Auto wird Schlauch zu seiner Belustigung immer wieder angedichtet, seit er seine Liebe zum Luxus-Sportwagen öffentlich bekannt hat. War in der eigenen Partei nicht unbedingt imagefördernd, doch hatte der Genießer Schlauch da ohnehin nie einen Ruf zu verlieren. In Wahrheit aber fährt er immer noch Golf, schwarz und motormäßig ein bisschen stärker, aber „nicht aufgemotzt“. In München braucht Schlauch sich da fürderhin keine Gedanken mehr zu machen. Hier darf es und kann es gern etwas sportlicher und teurer sein.

Marc Beise

Mit freundlicher Genehmigung von Süddeutsche Zeitung Content.

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